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Brief von Farid aus dem Knast La Santé März 2009

Dienstag 29. Juli 2008

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Hallo an alle Freund_innen, Genoss_innen,
Mitstreiter_innen und alle Gefangenen

Ich bin im Trakt A in La Santé inhaftiert. Der letzte noch
geöffnete Trakt in diesem Knast. In einer Zelle, genannt
DPS (Gefangener unter besonderer Beobachtung – von
der Knastverwaltung so betitelt), die nur so genannt wird,
weil sie eine Einzelzelle ist. Übrigens ist die Größe auch
eine besondere, sie hat weniger als fünf Quadratmeter!
(Ich kann beide Wände nur durch Ausstrecken der Arme
berühren und ich bin nicht breit gebaut) Die anderen
Zellen sind für drei Hochbetten bis zur Decke gebaut und
immer üblicher werden vier pro Zelle. Sie sind völlig überf
üllt wie überall...Jede_r sagt, dass der Sommer heiß
wird...mal sehen. Selbst die „Doktor Mengele“ der UCSA
(Gesundheitsversorgung der Haftanstalt) sind für die
Schließung dieses Knasts. Wahrschenlich auch weil es
ein Staatsprojekt war. Aber die vorherrschende Politik des
Strafens ist für 700 Gefangene verantwortlich und wenn
man sieht wie oft die Wände neu gestrichen werden und
sie damit nicht aufhören sieht es nicht so aus, als ob sie
den Knast bald schließen werden. Wenigstens gibt es
noch die Freude auf dem Weg zu den Besuchsterminen
die anderen drei Trakte leer zu sehen da sie völlig runter
gekommen sind. Wie schön ist ein verlassener und verwahrloster
Knast! Ich hätte fast verfallen gesagt
aber das ist eigentlich der Fall bei vielen alten Knästen.

Die Duschen mit dem Schimmel, der von der Decke fällt –
das muss mensch einmal in ihrem/seinem Leben gesehen
haben. Ãœbrigens ist das auch der Ort an dem viele
Gefangenen Krankheiten wie Hepatitis bekommen. Wenn
ich das zu den „Dr. Mengelen“ sage antworten sie „dann
dusche doch einfach nicht“. Das ist der Humor des
Knasts, der auf die Ärzte abfärbt. Eigentlich wird die
Dusche nach einer Verstopfung im letzten Jahres jetzt täglich
geputzt. Trotz dessen und einem ultra-modern-desinfizierten
Knast sind die Haftbedingungen immer noch eine
zusätzliche Strafe.

Für alles muss man Kämpfen. Die letzte Blockade
war...für die Möglichkeit Eier im Kiosk kaufen zu können...
ein siegreicher Kampf! Aber vor einem Monat wollte
der Knast die Preise für alle Waren, die im Kiosk erhältlich
sind, um 10% erhöhen. Hieran kann mensch sehen, dass
die Krise nicht nur für Banken gut ist. Mehrere Männer
haben Beschwerdebriefe geschrieben woraufhin die
Erhöhung nur um 5% stattfand...Wann werden wir
Aktionen für die Kaufkraft von Gefangenen machen?
Zurück zum Thema der Realität drinnen. Beim Hofgang
sind wir immer nicht viele, da der Knast die Gefangenen in
Stockwerke, Arbeiter/Nicht-Arbeiter trennt. Manchmal
sprechen wir über die, die von Pillen abhängig geworden
sind und jetzt in einem psychiatrischen Trakt des Knastes
sitzen – also dem Knast im Knast. Ãœbrigens hat der „Dr.
Mengele“ des Knastes hier, als ich ein Treffen mit einem
Psychologen verweigert habe, folgendes gesagt: „Aah,
das ist besser so. Wenn man so anfängt...danach kommen
die Pillen...(wie als ob er zu sich selbst
spricht)...Nein, sie verdienen das nicht, sie sind zu Knast
verurteilt – aber dafür? Nein, dafür nicht...“ Was für ein
schizophrener Typ!

Wir sprechen auch über Christophe Khider, der jetzt
neben uns ist (vorher im Bunker, jetzt im Iso-Trakt) und
Omar Top-el-Hadj, die „manche“ Leute kennen (wegen
ihrer vielfach geglückten Ausbruchsunternehmungen).
Aber wir sprechen auch darüber dass ihnen die Schweine
hier viele Probleme machen werden. Aber wir sagen uns
auch, dass Christope und Omar recht hatten, es leider nur
zu kurz gehalten hat (Anm.d.Ü.: die Flucht)!

Ansonsten sitzt die Mehrheit der Gefangenen hier wegen
„gar nichts“ wie man hier sagt, d.h. Fahren ohne
Führerschein, kleine Drogendelikte oder kleine
Diebstähle... . Es gibt auch eine beachtliche Zahl an osteurop
äischen Gefangenen von denen einige nach
Frankreich ausgeliefert wurden – Europa funktioniert!
Einer der Sans-Papiers, der letzten Monat rausgekommen
ist war der Brandstiftung im Abschiebeknast von
Vincennes angeklagt (Er hat die Videoaufnahmen abgestritten
und die Bullen haben ihn nicht wiedererkannt).

So, das ist alles. Ich hoffe, dass der Generalstreik, unbegrenzt
und wild bald sein wird und dass ich euch dort
schnellst möglich wieder finden werde.

Kraft und Entschlossenheit und...

Immernoch gegen die Knäste!

Farid